Brennpunkt "weichende Geschwisterkinder"
![[1528278443780861.jpg]](https://cdn.lko.at/lfi3/mmedia/image/2018.06.06/1528278443780861.jpg?m=MjQyLDM2Mw%3D%3D&_=1528278450)
Martin B. ist einer von vier
Bauernsöhnen. Gerne hätte
er den Hof seiner Eltern übernommen,
aber sein Bruder
war älter und ebenfalls interessiert.
Wenn Martin jetzt in
sein altes Zuhause kommt,
muss er sich über tausend
Dinge ärgern. Aber wehe, er
sagt etwas, dann reagiert sein
Bruder regelrecht allergisch.
„Konflikte mit weichenden
Geschwisterkindern sind einer
der Klassiker bei der Hofübergabe“,
betont Stangl. Seiner
Erfahrung nach prallen
dabei ungeschriebene familiäre
Gesetze auf betriebliche.
Der Leitsatz „Jeder ist gleich
viel wert“ steht der Notwendigkeit
gegenüber, den Hof
an eine Person zu übergeben.
Neid ist oft die Folge. Manchmal
fühlen sich sogar alle als
Verlierer – die einen, weil sie
gerne mehr Freiheit hätten;
die anderen, weil sie weniger
Wert(schätzung) erhalten.
Hier kann es helfen, gemeinsam
alle Vor- und Nachteile zu beleuchten.
Hofübergabe gut kommunizieren
Stangl rät generell dazu, eine
Hofübergabe gut zu kommunizieren.
Vorteilhaft ist auch,
wenn dieser Prozess bereits
von den Eltern geregelt wird
und sich nicht erst die Kinder
alles untereinander ausmachen
müssen. Da eine Übergabe
im Grunde eine vorweggenommene
Erbfolge ist, sollten
alle Nachkommen in den Prozess
miteinbezogen werden.
Bei Beratungen an der Landwirtschaftskammer
können
sowohl zwischenmenschliche
als auch juristische Aspekte
geklärt werden. Wichtig ist
beispielsweise die Festlegung
eines konkreten Ausgleichs.
Zu klären ist auch, welches
Vermögen an die weichenden
Geschwister fließt, wenn nach
einer bestimmten Zeit Grundstücke
des elterlichen Hofes
verkauft werden. Die etwaige
Pflege der Eltern gehört ebenso
besprochen.
Wichtige Anlaufstellen
Doch auch später ist bisweilen
ein Klärungsprozess notwendig.
„Weichende Erben
sehen sich oft als Experten für
den Betrieb und wollen weiterhin
mitreden. Das ist eine
große Herausforderung für
die Übernehmer“, berichtet
Stangl. Jede Veränderung am
Hof wird von den Geschwistern
oftmals kritisch beäugt.
„Hier kann es etwa helfen aufzuzeigen,
dass bereits die Eltern
damals bei der Übernahme
viel verändert haben.“ Er
empfiehlt Bauernfamilien ein
Hofübergabe-Ritual, um allen
klarzumachen, dass es ab sofort
neue Entscheidungsträger
am Betrieb gibt. „Gleichzeitig
muss den Übernehmenden
klar sein, dass der Hof immer
das emotionale Zuhause der
Geschwister bleiben wird“,
so Stangl, der das bäuerliche
Sorgentelefon und die Beratungen
ans Herz legt.
Onlinehofbörste und Broschüren
Zwei hilfreiche Nachschlagewerke
zur (außerfamiliären)
Hofübergabe hat die Landjugend
Österreich erarbeitet
(www.landjugend.at). Weiters
unterstützt sie die Online-Hofbörse
www.perspektivelandwirtschaft.
at, die vom
Netzwerk Existenzgründung
Landwirtschaft (NEL) entwickelt
worden ist. Auch dort
können weichende Geschwisterkinder,
die gerne in der
Landwirtschaft bleiben wollen,
fündig werden.