Lebensfrage: "Was ist das Beste für mich und meine Mutter?"
Bäuerin, 57 Jahre:
Mein Vater ist vor fünf Jahren verstorben und ich habe ihn damals
zu Hause über mehrere Jahre versorgt. Er ist zwar kein
Pflegefall gewesen, aber ich musste immer da sein für ihn. Jetzt
ist meine Mutter – sie ist 85 Jahre alt – wirklich auf Pflege angewiesen.
Seit Jahren bin ich auch für sie da und ich habe mir
auferlegt, dass ich genauso wie für den Vater auch für meine
Mutter sorgen möchte. Jetzt ist sie jedoch in einem sehr schlechten
gesundheitlichen Zustand und ich kann einfach nicht mehr.
Dreimal die Woche kommt eine Fachkraft ins Haus, aber das ist
zu wenig. Ich und mein Mann überlegen, ob wir einen Platz in
einem Pflegeheim organisieren sollen. Das Problem ist aber,
dass meine Geschwister das überhaupt nicht verstehen können.
Sie kommen jede Woche auf Besuch und meinen: „Das könnt ihr
doch nicht tun, die Mutter hätte es verdient zu Hause zu sein …“
Es macht mich traurig, wie kann ich meinen Schwestern das beibringen,
dass sie mir nicht böse sind und dass wir weiterhin einen
guten Kontakt haben?
Beraterin Erika Trampitsch:
Ich denke, Sie sollten sich in
erster Linie selbst ernst nehmen.
Es darf sein und es ist
auch nachvollziehbar, dass
Sie – wie Sie schreiben – „nicht
mehr können …“. Ihre Schwestern
können Ihre Gefühle
und Ihre Überforderung nicht
nachempfinden – von daher ist
es leichter gesagt, dass sie die
Mutter lieber zu Hause wissen
wollen. Und es ist auch verständlich
– im Sinne der Mutter
– dass sie das möchten. Ich
weiß nicht, wie ernsthaft Sie
Ihre Überforderung mit den
Schwestern besprechen – lassen
Sie die Geschwister Ihre Gefühle, Ihre körperlichen
Grenzen, auch Ihre Traurigkeit
wissen? Ich kann mich
zum Thema Pflege mit meinem
Standpunkt aus vergangenen
Lebensfragen nur wiederholen:
Es ist keine Schande, Pflegeversorgung
nicht langfristig leisten
zu können, denn „Pflege“
ist ein eigener Beruf mit langjähriger
Ausbildung. Im häuslichen
Umfeld verlieren pflegende
Angehörige oftmals den
Blick auf das eigene Wohlergehen
und sind sich der eigenen
Grenzen nicht mehr bewusst –
wann darf man „nein“ sagen?
Ich empfehle Ihnen, gemeinsam
mit den Geschwistern
ein Informationsgespräch in
einem Alten-/Pflegeheim zu
suchen. Das dortige Fachpersonal
kann im besten Fall von
einer bestmöglichen Versorgung
für Ihre Mutter überzeugen
– denn auch das ist Übernahme
von Verantwortung der
Angehörigen.